„Könnt ihr nicht Comics lesen, wie normale Kinder in eurem Alter?“
Auf meine übliche Provokation gingen sie erst gar nicht ein. Profis eben.
„Anima ist das Weibliche in dir. Deine weibliche Seite.“
„Ach was.“
„Oder das heißt einfach nur, dass dir eine Frau fehlt.“ Clara guckte mich vorsichtig an.
Ich erschrak übertrieben. „Das wäre jetzt nicht zu naheliegend?“ „Nein, ganz und gar nicht. Vielleicht wollte dir deine Anima genau das sagen.“
„Mit Post-its, Schokolade und Kippen?“
„Vielleicht hättest du mit ihr reden sollen.“
„Worüber denn?“
„Keine Ahnung, woran schreibst du denn?“ Wollte Dennis wissen. „Vorhin, als ich dich abgeholt habe, worüber hast du da geschrieben?“ „Ach, nicht besonderes. Über ein Rush Album von 1989, das ich damals gerne mit Daniel… also wenn wir uns da schon gekannt hätten, angehört hätte.“
„Wieso?“
„Das ist schwer zu erklären.“
„Dann lies uns doch vor was du geschrieben hast.“
„Oh ja, bitte bitte!“
Scheiße, ich saß in der Klemme. Doch dann fiel mir was ein. „Ich spiel es euch lieber vor. Wisst ihr, auf dem Album ist ein Stück mit dem Titel ‘Red Tide’ drauf.“
Dennis gähnte. „Ja, ja. Über die bevorstehende Invasion der Kommunisten.“
„Nein, es meint tatsächlich den steigenden Meeresspiegel. Das ganze Lied ist ein Kommentar zum Klimawandel und die globale Erwärmung.“
„Cool, wann war das noch mal?“ „1989. Wollt ihr mal hören?“
„Hab’s schon auf YouTube gefunden.“ „Laaangweilig!“
„Pscht!“
„Heh, ist’n Lyric-Video, kannst also mitlesen. Die Synth-Sounds gehen ja mal gar nicht.“ Dennis rümpfte seine große Nase.
„Oh, das ist gut: This is not a false alarm, this is not a test.“
„Nowhere we can fly away. Nowhere we can rest“, sprach ich auswendig mit.
„Könnten wir versuchen auf der nächsten Demo zu singen.“
Was war ich froh, dass ich das Thema noch gewechselt bekommen habe.
„Moment, let us not go gently to the endless winter night? Das ist ja wie…“
„Winter is coming!“