Rügen – Herbst 2019

Aber nochmal zurück zu gestern beziehungsweise heute Nacht, denn ich weiß nicht, ob ich das nur geträumt habe, ich geschlafwandelt bin, oder ob das ein Wachtraum war. Endlich mal nichts von der Schule, sondern von diesem Appartement. Ich wachte auf, weil die kleine Leselampe im Fenster flackerte.
Oder war das vielleicht eine Reflektion vom Leuchtturm rechts die Promenade runter? Nein, die Lampe war sicher aus, da war ich mir sicher. Wieso sollte ich die auch brennen lassen, wenn – was war das? Dieses Geräusch eben, ganz leise, irgendwie kratzend, schabend, und nach kurzer Pause, in der ich den Atem anhielt, ein Zzzzipp! Als würde etwas abgerissen? Nichts großes, aber schon genug um mich mit aufgerissenen Augen reglos im Bett liegen bleiben zu lassen. B-B- Bei der Couch! Auf dem Fensterbrett! Die Lampe brannte, und vor der Couch saß etwas auf dem Boden, verdeckt von der mir zugewandten Lehne. Es bewegte sich aber sichtbar ein Schatten drunter… dann raschelte etwas und mir blieb fast das Herz stehen. Das waren keine Wellen oder so, keine Brandung, das war hier, mit mir in der Wohnung.
Da ich meinen Mut nicht finden konnte bin ich halt ohne barfüßig über das kalte Laminat geschlichen, und dann sah ich einen blonden Hinterkopf, der über die Couchlehne ragte. Vermutlich zu einem Zopf gebändigtes Haar, aber um das zu bestätigen müsste ich noch näher heran. Das traute ich mich aber nicht. Dann wieder so ein Ritsch, als ob man ein Post-it vom Block abreißt. Es knisterte wieder, hielt inne, und dann machte es einen so scharfen, lauten Knall, dass ich mich hastig aufrichtete und abtastete, als hätte mich etwas getroffen, aber da war nichts. Vorsichtshalber ging ich auf die Knie und sah unter den Couch durch. Da lag Papier und ein orangener Druckkugelschreiber neben einem aufgeschlagenen Buch, und jetzt machte der Kopf irgendwo darüber „Mmmhm“. Wie eine Beschwörungsformel, als würde sich etwas anstauen, mit dem nicht zu spaßen war, wenn man es störte. Da bin ich vorsichtshalber auf allen vieren rückwärts zum Bett gekrabbelt, ohne die Couch und den blonden Schatten aus den Augen zu lassen. Mich fröstelte, also zog ich die Decke vom Bett und muss irgendwann beim Beobachten dann auf dem Boden eingeschlafen sein, denn als ich wieder zu mir kam war es Dunkel in der Wohnung und draußen wurde es langsam hell. So langsam wie die Sonne aufging rappelte ich mich auf und schlug die Decke schützend um mich. So gewappnet tappte ich auf eiskalten Füßen zur Couch und weiter zum Fenster. Ich knipste die Lampe testweise an und wieder aus. Mir blieb das Herz stehen und die Knie gaben beinahe nach, denn in dem kurzen Moment spiegelte sich etwas in der Scheibe: auf der Couch schlief jemand. Als ich mich langsam umdrehte machte es einen Knall!
… und dann lag ich neben dem Bett, wo sich mein Fuß beim Umdrehen im Ladekabel meines Telefons verheddert, und es vom Nachttisch zu Boden gerissen hatte.
Die Couch sah in der Morgensonne genauso blau und abgenutzt aus, wie gestern Abend, als ich dort gesessen und geschrieben habe. Plus die Chipsbrösel, die ich wohl nach dem Aufstehen drauf geschüttelt habe, und – lag da nicht was silbriges unter dem Kissen? Ich hob es hoch, und darunter lag ein Stück Alufolie, wie von Schokolade? Ja, eindeutig Schokolade. Ich bin also von einem blonden Schokoladenmonster besucht worden. Gibt wahrscheinlich schlimmeres. Bin gespannt ob die Zwillingen damit was anfangen können. Ich jedenfalls nicht.

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