War wie geplant im Nationalpark spazieren. Wenn das Meeresrauschen nicht gewesen wäre, hätte ich fast glauben können, ich sei im Bayrischen Wald. Wobei das mit den Baumarten nicht passte, klar. Ob umgekehrt dort das Verkehrsrauschen der Straßen schon so lückenlos ist, wie hier das der See?
Der Anblick der Kreidefelsen ist selbst im feuchten Herbst recht hübsch. Mir ist direkt ein wenig peinlich, dass das einzige Gedicht, dass mit eingefallen ist, mal wieder ‘Zicke Zacke Hühnerkacke’ ist. Ist das überhaupt eins? Immerhin war ich so taktvoll, dass ich es nur gedacht, und nicht laut ausgesprochen habe. Oder halt, Moment:
Caspar David Friedrich,
der malt dich auch mit Lidstrich!
Gut, dass ich schon im Hotel bin, hätte ich dort oben auch nur
gekichert, wäre ich vermutlich vom Felsen geschubst, oder wenigstens böse angeguckt worden.
Am Herthasee bin ich beinahe vorbei gelaufen. War ein bisschen wenig Wasser drin, da macht ja der Taferlsee an der Vils mehr her. Und die Herthaburg ist einfach nur ein Hügel mit einem Schild davor. Das kann doch jeder sagen. Also ein bisschen was fehlte mir da. Vielleicht könnte man da was mit Augmented Reality machen, für die Generation Smarthphone. Ich bin jedenfalls lieber wieder zurück ins Hotel, als mir auch noch das Kreidemuseum zu geben. Davon kriege ich nur wieder Albträume.
Morgen schaue ich mir jedenfalls das U-Boot an. Das ist fest angekettet und drinnen sieht man keinen Horizont, wie sollte ich da drinnen also seekrank werden?
Eine Sache ist mir dabei klar geworden: Ich kann nicht von Daniel und Nadja erwarten, dass sie mit den Zwillingen reinen Tisch machen, wenn ich mich selber darum drücke, Mutter endlich die Wahrheit zu sagen. Das mit der versteckten Adresse und der Fahrt nach Gmund. Ich will dieses Geheimnis nicht länger mit mir herum tragen. Ich will es hier zurück lassen, über den Zaun springen, den Ball aufnehmen und weiter gehen. Dort, auf der anderen Seite ist viel mehr Platz zum Spielen, als hier jemals war.
Es ist dunkel über dem Meer, aber das Licht vom Leuchtturm schleicht manchmal darüber wie der Sekundenzeiger über das Zifferblatt einer Uhr. Bin jetzt doch ganz froh, dass ich den Film doch noch nicht gesehen habe. Allein wegen dem Trailer habe ich ihn mir ja schon nicht aus der Nähe angesehen.
Vierter Tag
Heute habe ich sowas von gut geschlafen! Keine Träume, auch sonst nichts woran ich mich erinner… Moment, es klopft.
© Jens Prausnitz 2022