„Du meinst…“ Scheiße, ich konnte mich nicht an ihre Namen erinnern. Irgendwas mit K, oder W. Aber was konnte ich denn dafür? Er erzählte uns doch nie was von Zuhause!
„Petra wäre doch super?“
Oho, Sandra wusste also Bescheid. Dann hat er wohl doch mal angefangen aus den Nähkästchen zu plaudern, sieh einer an.
„Johanna geht ja vom Namen her eher schlecht“, warf Lukas ein. „Johann und Johanna?“
„Vielleicht wenn sie ihren Nachnamen noch in Johansson ändern und nach Island ziehen?“, kicherte Sandra. „Tut mir leid, dass wir dich hier so aufziehen. Aber im ernst, wieso willst du keine Kinder?“
„Ich hab die Kraft nicht mehr“, log ich. „Für die Kinderklinik reicht es noch, aber darüber hinaus bin ich mit dem Thema durch.“
„Ach, willst dir also keine Arbeit mit nach Hause nehmen?“, vermutete Sandra. „Ok, das kann ich verstehen.“
„Und für euch bin ich natürlich auch da.“
Lukas sah fragend zu Sandra, die ihm zunickte. „Es is eigentlich no zu früh, aber mia datn di gern frogn, ob du ned der Patenonkel fia unser Kind werden wuist?“
„Ich… ja freilich!“, jauchzte ich mit sich leicht überschlagender Stimme.
„Mei, da foid ma a Schtoa vom Herzn!“, rief Lukas.
Wir begossen die gute Nachricht mit Hacklberger (ich) und Aldersbacher (Lukas), während sich Sandra wacker an ihren alkoholfreien Glühtraubensaft hielt.
Als sie schlafen ging und Marlene sie begleitete, hörten wir beide noch etwas Musik. Allerdings war Lukas’ Plattenspieler kaputt, oder wollte einfach nicht mehr auf höheren Umdrehungen abspielen. Trotzdem legte er eine Single auf. „Major Tom“ von Peter Schilling, die dann natürlich zu langsam lief. Aber das Riff klang so viel geiler. Richtig heavy. Dann eierte der Ton, weil Lukas versuchte das Tempo manuell anzupassen. „Lass mal so, das klingt doch klasse,“ rief ich.
Dann setzte der Bass ein und Lukas’ Augen leuchteten auf. Wir sahen einander an und hatten urplötzlich ein Projekt. Ich trommelte auf den Sofakissen, und Lukas zupfte auf einem unsichtbaren Bass.
„Mei, morgn gehn ma in den Proberaum.“
„Du spielst noch?“
„Ja, aba aloa macht’s koan Spaß ned“, sagte er schwankend. „I check’s ned, wo der Bass einsetzt.“
„Vorgezogen. Auf der vier und.“
„Und was?“
Es war hoffnungslos. Ich zählte ihm vor, was ich bis eben noch mitklopfen konnte, und jetzt wo ich versuchte laut zu zählen kam ich selbst durcheinander. Wir waren offiziell zu doof um bis vier zu zählen.
© Jens Prausnitz 2022