Heute Nacht hatte ich in der Schule Kreide an den Händen. Nicht die zum Schreiben an der Tafel, sondern die vom Geräteturnen. Die man so gerne in der Handfläche zerbrochen und zerdrückt hat. Dann hat man sich die Finger dick damit eingerieben und dem Nebenmann einen Klaps auf den Rücken gegeben, dass es eine dicke weiße Wolke gegeben hat. Wie Höhlenmenschen, die Abdrücke an Felswände machen. Auf unseren T-Shirts sah man die Abdrücke allerdings nicht, wir mussten ja weiße tragen, zu den blauen Shorts. Die bayrischen Farben, weiß-blau. Was man als Hans guck in die Luft eben so sieht, bevor es einen in die Odelgrube haut. Wenn wir etwas mutiger waren, dann klatschten wir unsere Kreide-Wolken dem nächstbesten Gesäß auf den blaugewölbten Himmel.
Hab direkt mal geguckt, ob es das Geräusch auch online gibt, und natürlich ist auch das längst ein Sound in der Community: „Gymchalk“. Musste das direkt den Zwillingen erzählen, die wollten aber lieber mit mir bei der Tafelkreide bleiben.
Dennis schlug vor doch im Traum mit Kreide etwas an die Tafel zu schreiben. Oder zu malen, warf Clara ein. Und dann sehen, was da steht.
„Hast du sonst noch was Neues geträumt?“, fragte Dennis.
„Eigentlich nicht“, log ich. Den Teil, dass ich mit ihrer Mutter geschlafen habe, ließ ich weg. „Aber mir ist was aufgefallen, das ich vergessen hatte. Nur ein Detail.“
„Die sind oft am wichtigsten“, sagte Dennis.
„Echt?“ Ich war wirklich verblüfft. Und ungemein erleichtert. „Ja, also der Musiksaal hat bewegliche Weil manchmal der Flügel wieder raus musste, wegen Schulaufführungen, Zeugnis-Verleihungen, solchen Sachen.“
„Mama hätte gerne einen Flügel gehabt“, warf Clara ein. „Aber dafür ist unsere Wohnung einfach zu klein.“
„Ach, echt?“ Mir brach der Schweiß aus, ich hoffte darauf, dass die Qualität meiner Webcam ihnen das verpixelte.
„Was verbindest du denn mit einem Flügel?“, wollte Dennis wissen. „Musik.“
„Und weiter?“
„Weiß nicht… fliegen vielleicht?“
„Ja, du bist doch auch geflogen vor ein paar Wochen!“, rief Clara begeistert. „Dann… willst du vielleicht bei jemandem landen! Der Flügel steht ja auf dem Boden.“
„Willst du etwa bei jemandem landen, Smörre?“, grinste Daniel. Verdammt und zugenäht. „Nein, ich fliege auch auf niemanden.“ „Smörre ist verlie-iebt!“, rief Clara.
„War da noch jemand in der Schule? Wem gehörten nochmal die Hunde?“
„Higgins, das hab ich euch doch schon erklärt. Ihr seid da glaube ich auf einer falschen Fährte.“