„Wenn mia em do ned ausse hoin, dann bringt er sich um.“ Lukas sah mich an, und er bemerkte nicht mal meinen eiskalten Blick, sondern fuhr unbeirrt fort. „Oder er sein’ Oidn. Oana vo beiden überlebt des Wochenend ned!“
Ich versuchte ihn zu beruhigen. „Nein, Daniel hat schon schlimmeres ausgehalten. Du siehst das zu schwarz.“
„Na, i glaub dies moi irrst du di. Es ist schlimma.“
Wir sind mehrmals zur Hördt hoch gefahren, um uns dann doch nicht zu trauen direkt an seinem Haus vorbei zu fahren. Aber wir hofften, dass er vielleicht das Knattern von Monika wiedererkannte, unsere Nähe irgendwie spürte. Wir parkten auch ein paar Straßen weiter und liefen zu Fuß so nahe heran, wie wir uns trauten, um irgendeinen Blick zu erhaschen, aber erfolglos. Dann fuhren wir wieder zu mir, falls das Telefon klingelte. Nichts. Wir saßen herum, hörten Musik, aber nie so, dass sie das Klingeln übertönt hätte, und warteten in die Ungewissheit hinein.
„Scheiße, moanst du des is a a so, wannst Kinder hast?“
„Wahrscheinlich schon“, antwortete ich nach kurzer Überlegung. „Oh mei“, fluchte Lukas. „So hob i mia des fei ned vorgstöid.“
Dann saßen wir wieder im Auto und fuhren um Vilshofen herum.
Den Schweiklberg hoch, bei Waizenbach Richtung Alkhofen und über die Hördt wieder runter. Oder andersherum. Wie um wilde Tiere abzuschrecken, die sich Daniel hätten nähern können. Abends bezogen wir dort Stellung in einer S-Kurve, wo ein Kreuz stand, und sahen hinüber zu der Siedlung, in der mehr Straßenlaternen leuchteten, als Lampen in den Wohnungen. Man konnte das Flackern von Fernsehern erkennen, und sogar ob das gleiche Programm gesehen wurde.
„Was die wohl schauen?“
„Im Erstn gibt’s haid ‘Diese Zwei sind nicht zu fassen’, den hätt i gern gsehn.“
„Und sonst?“
„Irgend a Grieche im Zwoatn, a Kriegsfilm auf Sat1 und Schmarn auf RTL.“
„Ich glaub die da drüben schaun den Kriegsfilm“, sagte ich und deutete auf ein Fenster, in dem es auffällig viel blinkte und blitzte.
„Kunt sei. Oder Werbung“, meinte Lukas.
„Auch wieder wahr. Aber ist dann ja dasselbe?“
„Stimmt a wieda.“
„Da kommt einer“, flüsterte ich.
Ein Auto kam die Straße herauf und seine Scheinwerfer würden gleich im Mittelstück der S-Kurve, in der wir parkten über uns hinweg gleiten und wahrscheinlich keine Notiz von uns nehmen, aber dennoch lehnten wir uns in den Sitzen zurück, schwiegen und kniffen die Augen zusammen. Als das Auto an uns vorbei und schon auf der Höhe des Bauernhofs hinter uns war, atmeten wir auf.
„Wir zwei sind auch nicht zu fassen“, grinste ich und wir kicherten kurz, ehe unsere Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnten, und wie von selbst zurück zur Siedlung wanderten.
„Halt durch, Daniel“, betete ich, und Lukas klopfte bestätigend auf das Armaturenbrett. Dabei schielte er heimlich zu dem Kreuz mit der Maria-Statue, das dort auf einen Felsen montiert war. Oder war da ein Jesus? Verdammt, bei der Kapellen- und Kreuzdichte kann man schon mal durcheinander kommen.