21. September 2019 – Treffen mit Mama (Sa)

Trotzdem: Die Fridays for Future Demonstrationen sind erstmal schon jetzt größer, als alles, was ich bisher gesehen habe, gestreikt wird weltweit, und immer mehr Gruppen schließen sich ihnen an, allen voran die Wissenschaftler selbst, deren Stimmen endlich auf offene Ohren treffen. Eigentlich ist es der Moment aus „Des Kaisers neue Kleider“, wenn die Stimme eines Erwachsenen bestätigt, was das Kind zuerst ausgesprochen hat: „Der Kaiser ist nackt!“ Tja, Hans Christian, die Leute bleiben aber lieber trotzdem weiter nackig, wenn es ihnen zu heiß wird, und pflegen ihren Sonnenstich.
Aber die Dynamik einer weltweiten Bewegung sollte man nicht unterschätzen, es fehlt ihr nur noch der richtige Ausdruck für ihren Protest, den richtigen Hebel… und bessere Musik.

Dennis und Clara sind jedenfalls zufrieden, weil diesmal Daniel und Nadine dabei waren, sie haben mir Fotos geschickt, und wenn ich jemals eine glückliche Familie gesehen habe, dann diese. Und ich bin mir sicher, dass die ersten Bilder von Lukas, Sandra und ihrem Kind genauso aussehen werden. Und würden sie voneinander wissen, wäre es noch schöner.

Ok, ich muss los, sonst komme ich zu spät.

Bin wieder da. Mama macht einen fitten Eindruck, wie eh und je. Sie sieht jetzt in Rente jünger aus, als in ihren letzten Dienstjahren. Ihr Rücken ist tatsächlich besser geworden, und vom sich was dazu verdienen ist sie nicht abzubringen.
„Mutter“, sagte ich betont, und auch nur, um sie damit ein bisschen zu ärgern. „Meinst du nicht, du könntest deine Rente einfach genießen, wie andere auch?“
„Das mache ich doch, Stachelbärchen.“
Ich kneife die Augen zu und nicke getroffen. Sie weiß, dass ich es hasse, wenn sie mich so nennt.
„Du arbeitest immer noch im Altenheim.“
„Nein, ich helfe dort, das ist ein Riesenunterschied.“
„Ja, gut. Ich mach mir nur Sorgen, dass du dir zu viel aufhalst, wenn du schon mal dort bist. Du mutest dir zu viel zu.“
„Und du nicht, mit drei Monaten Nachschicht? Du bist auch nicht mehr der Jüngste. Sieh dich doch einmal an, du sitzt da wie ein Häufchen Elend.“
„Das ist wegen der Demonstration gestern, nicht wegen der Nachtschicht. Ich bin es nicht gewohnt so langsam zu gehen. Können wir bitte das Thema wechseln?“
„Du hast doch damit angefangen“, beschwerte sie sich, fragte dann aber schon versöhnlicher: „Wie geht’s Clara und Dennis?“
„Gut“, sagte ich noch ein wenig genervt.
„Waren sie denn demonstrieren?“
„Ja, natürlich, ist alles gut gegangen. Aber das geht für die ja jetzt noch die ganze Woche mit Aktionen weiter. Ich weiß wirklich nicht, wo die die Energie dafür her nehmen.“
„Du warst mal genauso.“ Mama lächelte milde. „Was hast du denn dann auf dem Herzen, mein Junge?“
„Wenn ich das wüßte – ich hab vor ein paar Tagen mit Lukas telefoniert. Er wird Vater.“
„Schön für ihn“, freute sich Mama. „Vielleicht ein bisschen spät, aber das wird er schon schaukeln. Richte ihm Grüße von mir aus, dem Saubazi.“
„Mach ich. Und das weiß ich ja auch. Es ist nur …“

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