11. Oktober 2019 – Nachtschicht

„Guat, i geh eam hoin. Kost du foan?“
„Was?“
Lukas klopfte auf Monika’s Lenkrad. „Ko… Kann-St? Du?“ Er deutete auf sie und rang sich jede Silbe sorgfältig ab. „Auto. Fah- Renn?“
Jetzt nickte Nadine und schnappte sich die Autoschlüssel.
„Aber pass auf, es deaf die neamd segn.“ Lukas öffnete die Autotür und hielt inne.
„Worauf wartest du noch?“
„I woas no ned, wia i eam ausse bring. Des ko schon a boa Minutn dauern.“
„Beeil dich.“
„Moanst I geh eine und schmeiß einfach an Feueralarm o? Des glaubt mir koana mehr. Soga’d Feierwehr ruaft erst o, weil i des schon zu oft bracht hob.“
Nadine schnaubte. „Hast du noch den Benzinkanister?“

Ich hätte das Gesicht vom Goldhammer nur zu gern mit eigenen Augen gesehen, als er Lukas am Feuermelder abgefangen hatte, als der gerade in Begriff war ihn auszulösen. Genau genommen in dem Moment, als ein anderer Lehrer aus dem Lehrerzimmer den Gang entlang gelaufen kam, einen kleinen Rauchwirbel hinter sich herziehend: „Feuer!“ – Vielleicht hat er kurz geglaubt, dort hätte sich ein Haufen Schularbeiten unter ihrem eigenen Gewicht selbst entzündet, oder die Glut einer Zigarette sei drauf gefallen. Das war gar nicht einmal so ungewöhnlich: von Herrn Klöppl korrigierte Arbeiten bekam man regelmäßig mit Brandflecken darauf zurück, aber diesmal war es etwas anderes. Da war echte Panik in seiner Stimme, eine Tonlage, die man so nicht von ihm kannte. Es war wohl mehr dem Umstand geschuldet, dass er selbst dabei wie eine Sirene klang, als sein absurd geflüstertes Wort „Feuer“. Wahrscheinlich um einer Panik vorzubeugen. Obwohl sonst niemand auf dem Gang war. Beim Ausbleiben der erwünschten Reaktion ergänzte er seine Aussage um den überraschenden Zusatz „die Turnhalle“ und dann noch „Rauch“. Erst jetzt wurde Goldhammer bleich, ließ den innerlich triumphierenden Lukas los, und löste selbst den Feueralarm aus, ehe er durch die Zähne „Raus mit dir!“ zischte.

In der Zwischenzeit war Anton Rothe zu einem BGS-Mann in den Wagen gestiegen, um Nadine an der Schule abzufangen. Ich sollte in der Zwischenzeit Doris zum Bahnhof begleiten, wo wir uns dann gleich treffen wollten. Natürlich willigte ich ein und tat so, als sei das alles eine gute Idee, und war innerlich am verzweifeln. Zum Glück merkte Doris nichts davon, die an ihren eigenen Nevenenden knabberte, wie an Fingernägeln, während meine eigenen in mir langsam über eine Tafel kratzten.

Daniel hatte Lukas sofort gefunden. Das war keine große Überraschung, denn Daniel wusste, dass das mit dem Feueralarm eigentlich nur Lukas gewesen sein konnte. Auf dem kleinen Pausenhof strebten alle nach rechts, um die Rauchsäule vom Sportplatz zu sehen, während die beiden sich in die entgegengesetzte Richtung davon machten, auf den Grillparzerweg und dann die Krankenhausstraße hoch, bis zur Ecke, an der Nadine schon mit laufendem Motor auf sie wartete.
Lukas war jetzt schon aus der Puste. „Host du wirklich…“, keuchte er, „d’ Turnhalln ozünd?“
„Nein, nur die Hochsprungmatte. Rein mit euch!“
Daniel wollte sie küssen, aber sie drehte ihm nur die Backe hin, damit sie sich nicht noch länger aufhielten. Als Daniel dann auf der Rückbank mehr lag als saß, und Lukas mit der Beifahrertür und seinen noch heraushängenden Beinen kämpfte, fuhr Nadine so sportlich an, wie es der Trabi zuließ.
„Und wohin jetzt?“
„Immer geradeaus“, japste Lukas und zog die Tür zu, hielt sie aber vor Anspannung weiter fest umklammert.

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