Hab wie erschlagen geschlafen. Bin zwar kurz aufgewacht, als gerade die Sonne aufging, dann schnell pinkeln gegangen und sofort wieder eingepennt. Der Traum danach war irgendwie anders. Ich war wieder in der Schule und suchte Wasser, weil ich einen Brand löschen musste. Im Schulklo ging dann das Licht nicht an, was ich merkwürdig fand, aber ich konnte die Tür mit dem Schuh(!) offen halten, so dass Licht herein fiel, dann kam aber kein Wasser aus dem Hahn. Also aus keinem der beiden Becken, und die Spiegel waren auch weg. Das war ein Zufall zu viel, und wenn das passiert, dann… dann war irgendwas? Es wollte mir nicht einfallen, aber ich war plötzlich irgendwie aufmerksamer als sonst. Ich wusste, dass da gar kein Feuer war, sondern ein kontrollierter Brand, um den ich mir keine Sorgen zu machen brauchte. Okay. Um so besser. Was wollte ich hier nochmal?
Dann fiel mir ein, dass ich mich hier versteckte, hier in der Schule. Und zwar vor Nadine’s Vater. Der war aber Jäger, nicht Arzt, und er hat das Feuer aus der Ferne gesehen, wie ich damals vom Bahnhof aus, und er war auf dem Weg hierher. Keine Ahnung woher ich das alles wusste, aber ich versteckte mich, in der Bibliothek. Als ich mich an ein Regal lehnte, stach mir etwas in den Arm, ich krempelte den Ärmel hoch, und da war eine Tätowierung, ein grüner Fleck, der mich so glücklich machte, dass ich nicht mehr schlafen konnte.
Ich schlug die Decke zurück und war ganz enttäuscht, dass ich keine Schuhe trug. Ich wollte schon unter’s Bett gucken, aber dann dämmerte mir, dass ich wach gewesen war. Also im Traum. Irgendwie die ganze Zeit, und dann vor Aufregung leider auch richtig. Mist. Muss ich den beiden erzählen, ein erster Durchbruch. Kein Klartraum, aber immerhin einer mit Aufklärung. Nur die Tätowierung muss ich auslassen. Nadine hatte Daniel so einen Klecks auf den Oberarm gemacht, wenn auch in blau. Den Teil muss mir niemand übersetzen.
Anscheinend finden immer mehr Elemente aus meinen aufgeschriebenen Erinnerungen einen Weg in meine Träume, ganz klar mit dem Feuer, und über Anton Rothe habe ich doch auch nachgedacht. Warum eigentlich? Wohl der Väter wegen. Passt ja: Fehlende Väter, der Mangel an echten Autoritäten in der Schule, und so weiter.
Ob das heißen soll, dass ich mich in der Schule vor den Vaterfiguren verstecke? Immerhin waren wir dort vor ihnen sicher, vor allem Daniel, und in Talmüller hatte er ja sogar so etwas wie einen Ersatzvater gefunden.
Für Lukas war Geistler Ersatzvater, dort fühlte er sich am wohlsten. Später dann auch der Gschwendtner, wohl auch weil er die gleiche sentimentale Verbundenheit mit dem Flüchtlingslager am Bergerparkplatz zeigte, wie wir. Sein beherztes Handeln hatte ihm ja zum Bürgermeister gemacht, und er kam immer wieder darauf zurück. Deswegen nannte ich ihn immer unseren Tor zur Freiheit, was Lukas überhaupt nicht witzig fand. Und eins musste man ihm lassen, er gab keine Ruhe, ehe nicht ein Stück Mauer an der Vils stand, und eine feierlich eingeweihte Plakete auf dem Parkplatz.