15. Oktober 2019

Ha! Und ob wir noch alternative Vaterfiguren hatten! Neil, Geddy und Alex! Mein Traum war es ja gewesen, genauso ein Powertrio zu werden, wie die drei, als sie mehr oder weniger in unserem Alter waren, und zu Rush wurden. Inzwischen waren sie ja alt genug um unsere Väter zu sein, aber eben solche, für die man sich nicht schämen musste, sondern im Gegenteil: auf die man stolz sein konnte. Sie blieben jung und erfanden sich musikalisch immer wieder neu, nachdem sie alles ausgereizt hatten, und blieben doch unverkennbar die gleiche Band.

Gerne hätte ich sie gefragt, wie sie es damals angestellt hatten, das alles so zusammen kam, denn bei uns ging gar nichts zusammen. Andererseits war ja auch nicht Neil von Anfang an dabei gewesen. Erst mit ihm starteten sie wirklich durch. Wir hatten immer noch mehr Meinungen als Bandmitglieder. Daniel hatte immer gewollt, dass wir auf Englisch singen, also er, Lukas hingegen wollte Coverversionen spielen, aber auf Bayrisch oder zur Not eingedeutscht, und ich wollte Musik machen, anstatt zu diskutieren – gerne nur instrumental, Hauptsache spielen.

Wir hätten es wie Rush machen müssen, einfach mit irgendwas anfangen, und wenn einem der Stil langweilig wurde und ausgereizt war, änderte man eben die Richtung. Aus Hardrock wurde Progressive Rock, dann experimentierten sie mit Synthesizern und ihre Musik wurde radiotauglich, ja sogar poppig. Jetzt, 20 Jahre später waren sie wieder beim Hardrock angekommen, aber doch so ganz anders als damals. Als würde sich ein Kreis schließen. Der Reihe nach und doch immer nach oben. Eine Spirale. Bei uns ging nur alles querbeet durcheinander, und wir konnten uns für überhaupt nichts entscheiden. Vielleicht war das mit der Band nur mein Traum gewesen, und gar nicht der von Lukas und Daniel? Wollten sie mir meinen Traum lassen, der mich doch glücklich machte, wie der von der DDR den Blauhemd- Träger aus der Parallelklasse?

Rush sich mehr als 40 Jahren zusammen geblieben, und als Familie sogar noch länger, nur ohne den Streit dabei. Eigentlich waren sie das für mich, meine Idealvorstellung von einer richtigen Familie. Blut mag ja dicker sein als Wasser – aber kaltes klares Wasser, das einen erfrischt, reinigt und trägt, wenn man sich darauf treiben lässt, ist auch nicht zu verachten.

Blut wird da überbewertet. Es tritt aus Wunden aus, wenn man sich in der Familie Verletzungen zufügt, da ist nix mit Geborgenheit. Aber womit spült man Wunden aus? Eben. Wenn ich zwischen Blut und Wasser wählen müsste, wäre es immer Wasser. Man kann mehr Wasser herunter schlucken, als Blut. Außerdem widerspricht sich ja Familie und Freundschaft gar nicht. Daniel und Lukas waren meine Familie, auch wenn es mit der Musik nicht klappen wollte. Wir ließen eigentlich nur das Musizieren weg, unsere Freundschaft war so dick und dünn wie die von Rush. Sie waren für mich immer da gewesen, mein Vater nicht.

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