„Findest du das witzig?“
„Das alleine nicht, aber mir hat vorhin Antje erzählt, dass sie und ihr Freund hier bleiben wollen.“
„In Vilshofen? Wo kommen die denn her, dass sie hier – -“
„Dresden.“
„Ich glaub, da würd’ ich trotzdem tauschen. Da kann es nicht schlimmer sein, als hier.“
„Die Wahl muss man erstmal haben.“
Da hatte sie damals so Recht wie heute. Wenn man die Wahl hat, bleibt man vermutlich eher dort wo man keine zusätzliche Erlaubnis mehr für das weggehen braucht. Wer weggehen darf, bleibt. Vilshofen war nicht Dresden, aber bequemer als ein Umzug woandershin. Was man nicht alles schluckt, nur weil man irgendwann die zusätzliche Anstrengung scheut. Die Flüchtlinge hielten uns einen Spiegel vor, und vielen gefiel es nicht darin zu sehen, wie faul und verwöhnt wir in den fetten BRD Jahren geworden waren. In den letzten 30 Jahren ist das sogar noch mal schlimmer geworden, und zu allem Überfluss haben sich die Ossis damit angesteckt.
Ok, aber den Tee trinke ich jetzt nicht. An der zweiten Tasse habe ich ewig hin genippt und darauf gewartet, dass Anita mal kurz für „kleine Mädchen“ verschwindet. Als es dann endlich so weit war, habe ich ihn in die Topfpflanze gekippt.
© Jens Prausnitz 2022