07. Oktober 2019 – Nachtschicht

Auf dem Balkon gewesen, geraucht. Ohne Birgit, und das ist auch besser so. Schwester Anita hat in der Zwischenzeit die Kanne allein fertig getrunken, aber ist direkt wieder in die Küche verschwunden um eine zweite aufzubrühen. Verdammt. Das brennende Teelicht verführt mich wie üblich dazu meine Finger dort ins flüssige Wachs zu tunken, und es dann zwischen den Fingern zu verreiben, trocknen zu lassen und wieder hinein zu bröseln, ein beinahe ewiger Kreislauf.

Während die drei Monika bemalten, dann die Lager abklapperten und sich die zwei verliebten zunehmend türkis färbenden Hände hielten, ging ich in meiner Arbeit als helfende Hand und offenes Ohr auf, als plötzlich Doris vor mir stand. Sie wollte wissen, ob die drei inzwischen schon zurück seien, was ich verneinte ohne es wirklich genau zu wissen. Alles verwischte sich zu einem Rausch in dem ich Raum- und Zeitgefühl verlor, obwohl ich mich kaum von der Stelle bewegte. Außerdem war es in dem Durcheinander bei aller Organisation immer noch ein Leichtes aneinander vorbei zu laufen. Es war ein bisschen wie nach einem Nickerchen aufzuwachen, ich wusste nicht wie spät es war, und bemerkte erst jetzt, dass mein Magen knurrte.

Ich versuchte sie zu beruhigen. „Die kommen schon wieder, und dein Mann auch.“ Das klang wenig überzeugend, und entsprechend unbeeindruckt sah mich Doris an. „Du… du bist ihr Fixstern, beide wissen wo du bist und finden immer ihren Weg nach Hause zurück.“ Wie sie mich da angeschaut hat. Mir blieb das Herz stehen. „Tut mir leid, ich …“
„Ist schon gut, aber das hat mein Mann auch immer gesagt. Er hat es mit den Sternen. An ihm ist ein guter Kosmonaut verloren gegangen, aber er wollte ja lieber Arzt werden.“ Das Wort Kosmonaut ließ mich Lächeln. Es verriet woher man kam, denn bei uns hießen die ja Astronauten. Vielleicht wegen unserer Nähe zu Österreich? Am Akzent hätte man es ihr jedenfalls nicht angehört, wo sie herkam, aber mir ja ebenso wenig.
„Ich weiß nicht mal ob das so stimmt. Fixsterne waren mehr was für Seefahrer, oder? Aber wenn man wirklich da oben im Weltraum wäre, von allen Seiten von Sternen umgeben, würden sie total die Orientierung verlieren, unsere Kosmonauten. Dann wird die Erde zum Fixpunkt. Sie brauchen uns, um sich auf ihren Ausflügen nicht zu verirren.“
Und wie sie mich jetzt erst ansah, und dabei lächelte! „Uns?“
„Du, ich, das rote Kreuz auf ihrer Landkarte, zu uns finden sie immer zurück. Mach dir keine Sorgen.“ Rot. Rothe. Robinson. Wir waren hier auf Robinson’s Insel, und ich war Freitag, Donnerstag, Mittwoch, alle Wochentage.
„Danke Johann, das habe ich gebraucht, glaube ich. Es ist schön einmal nicht alleine zu warten“, seufzte Doris und ich schmolz dahin. „Du bist also der Freund, zu dem man immer gehen kann.“

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