Im Traum den Mathetest verhauen. Das hatte ich noch nie. In echt ja, aber noch nie davon geträumt. Ich hatte keinen Taschenrechner, sondern meine Zähne vor mir auf dem Tisch liegen, aufgereiht wie ein Abakus, von dem ich auch ohne Batterien nicht wüßte, wie man damit rechnet. Na vielen Dank auch. Alle anderen haben den Test schon abgegeben, nur ich saß noch alleine da und raffte die Aufgabe nicht. An der Tafel stand eine komplizierte Formel mit x und y, deren Anfang ich vergessen hatte, bevor ich das Ende erreichte. Wurzeln waren dabei, Brüche, Variablen und ein großes Fragezeichen. Der Mathelehrer war der Kellner aus dem Restaurant und ungeduldig, weil die anderen Tische warteten schon. Ich wurde nervöser und schüttelte den Kopf.
„Na gut, ich geb dir eine Hilfestellung.“ Er ging zur Tafel und klappte die äußeren Flügel zu, die jetzt die Formel verdeckten. Auf sie war ein Diagramm gezeichnet, das sich erst wölbte und dann wieder senkte, wie ein riesiger, auf dem Rücken liegender Bauch. Ich bedankte mich und guckte wieder auf mein Blatt vor mir, auf dem unter meinem Namen ein Kalenderspruch stand: Was einen nicht umbringt, das verschiebe nicht auf morgen. Was sollte das denn bedeuten? Ja, toll Dennis, jetzt kann ich zwar tatsächlich lesen was überall steht, aber weiterhelfen tut es mir auch nicht. Das Gymnasium hat mich nicht umgebracht, aber Vilshofen beinahe. Das verschiebe ich ja nicht einmal, sondern fahre auch noch hin. Zugegeben, nicht heute, aber bald. Vielleicht soll ich Vilshofen entschlüsseln. Da lagen ja auch meine Milchzähne vor mir auf dem Tisch, und die sind mir dort ausgefallen… ach, ich weiß es nicht.
Fühle mich tatsächlich heute fitter, obwohl ich früh aufgestanden bin. Hat mich zwar aus dem Traum gerissen, aber immerhin erinnere ich mich daran.
Mutter hat nach der Schicht bei mir Sturm geläutet. So aufgewühlt habe ich sie lange nicht gesehen. Sie ist sauer, weil sie jetzt die Yoga- Klasse wechseln müsse, dabei mochte sie die Lehrerin so, könne ihr nach dem was passiert sei aber nicht länger in die Augen sehen.
„Was hat Frauke dir denn erzählt?“ „Wer?“ Wollte Mutter wissen. „Ach, ich mein natürlich Kat… ja?“ Mama runzelte die Stirn. „Kat-nein? Katjes??“
„Karin, Junge. Sie heißt Karin, Herrgott nochmal.“ Sie verdrehte die Augen. „Du hast sie doch nicht etwa…“
„Ich glaub nicht“, log ich und begann eine gänzlich unvorbereitete Verteidigung. „Die hat glatt vergessen ihre Hosen über ihre… Thermounterwäsche anzuziehen.“
„Leggings.“
„Du weisst wie sowas heißt?“
„Karin trägt die immer.“
„Ich wusste nicht, ob sie nur vergessen hat sich umzuziehen. Da sieht man alles durch.“
„Dann wusstest du doch woran du bist. Und beschwerst dich noch?“
„Hättest mich wenigstens vorwarnen können, dass sie nie den Mund hält.“
„Vielleicht war sie nur nervös.“
„Redet sie etwa in der Yoga-Klasse nie?“
„Doch, fast pausenlos.“