Was für ein Desaster. Nie wieder auf meine Mutter hören, ihr einen Gefallen tun, oder Tina, oder allen beiden! Was habe ich mir nur dabei gedacht?
Anfangs sah es ja noch ganz gut aus, weil wir fanden einander ohne Probleme, aber die fingen an sobald sie den Mund auf- und nicht wieder zu machte.
Hatte Mutter nicht gesagt, sie sei Mitte zwanzig? Diese… K – K – K – ej, ich hab’s echt schon wieder vergessen! Dann halt Frau K.
Frauke! Ich nenn sie jetzt Frauke. Hat sie nun davon. Frauke sah so jung aus, dass ich ihr Vater hätte sein können. Also mindestens rechnerisch. So unausgeschlafen, wie ich heute herum lief, sah ich aber garantiert älter aus, als ich bin, und die Blicke um uns herum gaben mir recht. Da glaubten sicher einige, dass da wer seine Tochter ausführt; Geburtstag, Einschulung, irgendwie sowas. Alle guckten immer wieder zu uns.
Kann natürlich auch an ihren Hosen gelegen haben. Wenn das überhaupt welche waren, denn im ersten Moment habe ich mich erschreckt und dachte, sie habe vergessen einen Rock über die Strumpfhosen anzuziehen, und das im Dezember! Aber ich traute mich nicht sie darauf anzusprechen, weil das hieße, es wäre mir aufgefallen, was sich alles darunter abzeichnete. Also alles im Sinne von alles. Deswegen war ich mir sicher, da gehört bestimmt noch was drüber. Sie benahm sich aber so, als sei dass das normalste von der Welt. Noch nie fühlte ich mich so erleichtert endlich an einem Tisch zu sitzen. Auf dem Weg dorthin hinter ihr her zu gehen und ihre Pobacken dabei auf und ab hüpfen zu sehen brachte meinen Puls durcheinander. Frauke bemerkte nichts von alledem, beziehungsweise war es schlicht gewohnt, dass sie bei all ihren Bewegungsabläufen beobachtet wurde.
Dann bestellte Frauke sich einen Salat, aber ohne Dressing, sowie ein stilles Wasser, nahm sich an letzterem aber kein Beispiel und plapperte drauf los, bevor der Kellner meine Bestellung aufnehmen konnte: „Eigentlich hätte ich Lust auf Gyros, aber ich muss auf meine Linie achten, und…“ da fragte ich mich welche Linie, Mädchen, du bestehst nur aus ineinander übergehenden Kurven, von denen keine einzige einen Umweg darstellt, aber hatte darüber vergessen ihr zuzuhören, als „Kohlensäure finde ich furchtbar, in allen Getränken. Ist ja eine Säure, wie der Name schon sagt, und das will ich nicht in mich reinschütten, wenn ich doch…“ nichts verpasst habe, also nicke ich nur dem Kellner verständnisvoll zu, oder peinlich berührt, ich könnte es nicht sagen, weil sie redete ja immer noch und ich vergaß meine eigenen Gedanken darüber. Ob das vielleicht ein normales Mitteilungsbedürfnis ist, wenn man den ganzen Tag vorturnt?
Oh, sie hat aufgehört zu reden und ich höre mich schon „einen Gin- Tonic“ in die Pause sagen, und der Kellner fragt ebenso schnell zurück was dazu, und ich antworte einen weiteren Gin-Tonic mit extra Eis.
„Ich glaube er meint was du essen möchtest“, übersetzte Frauke und empfahl mir dann der Reihe nach die Speisekarte, die ich selber vor mir liegen hatte. Während sie die zweite Empfehlung des Hauses vorlas signalisierte ich, dass ich nichts essen wolle, und er machte sich mit einer eleganten Drehung aus dem Staub, der Glückliche. Ich wettete, dass er zurück sei, noch bevor sie am Ende der Karte angelangt wäre, doch dann fiel ihr seine Abwesenheit auf.
„Hatte noch einen Termin“, sagte ich schnell.