28. Oktober 2019

„Sie heißt Karin, und ich hab ihr schon sooo viel von dir erzählt.“ „Ich hab Angst vor Schlangen!“
„Das bildest du dir nur ein. Die haben ganz trockene Haut. Karin kommt nicht mal ins Schwitzen.“
„Mir steht jetzt schon der Schweiß auf der Stirn. Können wir bitte das Thema wechseln?“Auf der Busfahrt zurück in die Stadt nahm ich den Gesprächsfaden von zuvor vorsichtig wieder auf, den wir schon auf dem Waldrundweg angeschnitten hatten: dass ich zu Lukas nach Vilshofen fahren würde, und zuvor noch ein paar Tage allein nach Rügen. Allein dadurch, dass ich es aussprach, hatte ich mich endlich festgelegt. Rügen also. Vielleicht so als eine Art Bestrafung für den unzüchtigen Traum.
„Was willst du denn da, um diese Jahreszeit?“
„Einmal ist es in der Nebensaison bestimmt billiger, und auch wenn es dich eigentlich nichts angeht: ich werde nachdenken.“
„Das ist alles?“
„Ja. Kein Kreidefelsen, kein Tourismus, nur Seeluft, Spaziergänge, Nachdenken und nichts selber kochen müssen, dafür lecker Essen gehen.“

Dabei beließen wir es, und erst im Nachhinein fiel mir auf, dass etwas gefehlt hatte, aber ich kam nicht gleich drauf. Mama hatte das Altenheim mit keinem Wort erwähnt. Es sei denn, der Yoga-Kurs fand dort statt, was ich aber bezweifelte. Einige Bewohner würden sich wahrscheinlich schon bei dem Versuch sich auf die Matte zu setzen die ersten Knochen brechen. Oder wahlweise nie wieder von ihr aufstehen.

Schrecklich genug, dass mich meine Mutter wieder verkuppeln will, andererseits ist es auch geradezu unheimlich, weil ich ja erst heute Nacht einen Blick in meinen Hormonspiegel werfen durfte. Ich will aber wirklich alleine nach Rügen fahren und nachdenken. Sex wäre natürlich auch toll. Ich könnte ja dort jemanden … ah, nein, verdammt, nein, nein, nein! Bin sowas von durch den Wind. Ich hab jetzt schon genug Probleme um die Ohren, da brauche ich nicht auch noch frische Beziehungsprobleme oben drauf, mit Mutter im Nacken, die sich jetzt wohl doch Enkel wünscht. Wie ich sie kenne auch gerne von jemanden, der sie gleich mitbringt, weil ich ja angeblich langsam zu alt werde um noch welche zu zeugen. Also langfristig gesunde Enkel, oder was weiß ich. Weil das Haltbarkeitsdatum der Spermien von Männern ab 30 immer schneller abläuft, meinte sie. Ich hab nicht nachgefragt, wo sie das her hatte. Nicht weil es mich nicht interessiert hätte, sondern wer will das schon mit seiner Mutter besprechen? Manchmal weiß ich wirklich nicht, wie sie tickt, nur halt nicht richtig, das auf jeden Fall. Wahrscheinlich ist ihre biologische Uhr auch noch nicht in der Normalzeit angekommen.

Wo war ich eigentlich stehen geblieben? Ah ja, in der Horrorwoche, in der Lukas auch noch Geburtstag hatte. Wir wollten Daniel natürlich gerne dabei haben, aber aus bekannten Gründen wurde nichts daraus, und so blieben wir unter uns. Nach feiern war uns auch nicht zumute. Lukas wurde 19, er war immer schon der Älteste von uns dreien gewesen. Wahnsinn, zu welchen Erkenntnissen ich mich hier durchringe.

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