27. Oktober 2019 – Nachtschicht

Dann stand ich mit Goldhammer allein vor den Klassenzimmern auf dem Gang, aber damit hatte ich leider auch keine Zeugen mehr.
„War das dann alles, Mayr?“
„Ganz und gar nicht. Ihre Aufführung gestern: Was wollten sie sich denn damit beweisen?“
Er blieb seelenruhig. „Für diese Frage bekommst du einen Verweis. Es sei denn, du nimmst sie sofort zurück.“
„Für den Biedermann?“
„Nein, die andere.“
„Was sie sich damit beweisen wollen? Was ist daran denn einen Verweis würdig?“
„Das ‘sich’.“
„Was wollen sie damit beweisen, wäre als Frage also in Ordnung?“ „Ja.“
Ich überlegte kurz. „Na gut, das macht für mich keinen Unterschied: Was wollen sie damit beweisen?“
„Das geht dich einen feuchte Kehricht an“, fauchte er und ließ mich stehen. Den angedrohten Verweis habe ich nie bekommen, genauso wenig wie eine befriedigende Antwort auf die bekloppte Standpauke, die er uns gehalten hatte.

Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob ich es darauf hätte ankommen lassen müssen, aber damals schien mir dieses ‘sich’ keinen so großen Unterschied zu machen, und er gab sich ja schon mit der Andeutung eines Rückziehers meinerseits zufrieden. Konnte jemand so wenig Selbstvertrauen besitzen, dass einen schon dieses eine Worte ins Schwanken brachte?

Solche Leute sollten keine Verantwortung tragen. Man war besser beraten, wenn man einen wie Uwe Suchomel an seiner Seite hatte.
Daniel’s Schürfwunden verheilten, und seine blauen Flecken verfärbten sich langsam gelb und grün, im Prinzip wie nach jeden Sommerferien. Wie die Schafe saßen wir wieder in unseren Bänken, und wenn die Flüchtlingskrise nicht noch immer die Nachrichten beherrscht hätten, dann hätte es auch 1988 oder 1986 sein können. In der Schule verlor man irgendwann jedes Zeitgefühl, Wochen wurden zu Jahren.

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