13. November 2019

War wieder spazieren, und dann hatte ich spontan Lust auf Kino. „The Report“ hätte mich schon interessiert, aber nicht schon wieder Amerika. Auch nicht zum Abreagieren in „Zombieland 2“. Dann fiel mein Blick auf einen deutschen Film: „Im Niemandsland“. Mir stand zwar der Kopf nach was leichterem. „Booksmart“ hätte ich vielleicht in der Sneak erwischen können, dafür war ich aber einfach zu früh dort. Und ich mach mir nichts vor, das klang so sehr nach Daniel und Nadine, nur halt einen Sommer später und in Berlin. Ein Sommer, in dem ich selbst mit Lukas dort war. Natürlich konnte ich nicht widerstehen, und natürlich habe ich es hinterher bereut. Warum können wir keine einfachen Geschichten über diese Zeit erzählen? Irgendwann schreien sich in diesen Filmen immer alle gegenseitig an, und dann habe ich keine Lust mehr. So war es einfach nicht.
Hinterher Clint Eastwood beim Pinkeln mein Leid geklagt, aber er blieb unbeeindruckt, und wahrscheinlich sollte ich mir ein Beispiel an ihm nehmen. Am besten gefallen hat mir noch der Trailer zu „Der Leuchtturm“. Mal gucken, ob ich mich nach dem Rügen-Urlaub überhaupt noch traue, den zu gucken. Oder umgekehrt, denn eigentlich habe ich jetzt ein bisschen Bammel vor dem, was mich dort erwarten könnte.

Das Wort ‘Niemandsland’ geistert mir noch immer durch den Kopf. Immerhin war bei den Archivaufnahmen mal was anderes dabei, wie dieser umgestürzte Wachturm, eben in dem, was Niemandsland war. Dieser Streifen durch die Stadt ist so unglaublich schnell verschwunden. Ich dachte, das dauert Jahre. Gut, hat es auch, nur angefühlt hat es sich nicht so. Zwar war da diese riesige Wanderbaustelle am Potsdamer Platz und im Regierungsviertel, oder wie immer da die Stadtteile heißen. Wenn da der Zug mal langsamer fuhr, konnte man weit in die Tief gucken, wo Taucher unter Wasser am schweißen waren. Hab ich das gesehen oder nur gelesen? Oder vielleicht beides? Es verschwimmt in der Erinnerung sowieso.
Die Schauspieler in dem Film waren da vielleicht noch nicht einmal geboren, und aufgewachsen sind sie eh schon ohne diese unfassbar hässliche, riesige Narbe in ihrer Stadt. Ich glaube, wir hätten sie stehen lassen müssen, die Mauer. In ihrem zerbröselten, löchrigem Zustand, genau wie jene, durch die das Mädel am Anfang die Seiten von West nach Ost und wieder zurück wechselt. Nicht als Mauerpark, nicht nur Fotos und Filme, Touren mit Zeitzeugen und Rundfahrten mit einer von drei Sprachen ihrer Wahl auf den Kopfhörern. Immerhin der Walkman passte noch halbwegs in die Zeit. Vielleicht hätte es auch schon ein Discman sein müssen, aber dann hätte der Junge kein Mixtape machen können. Wobei man dem Ding ansah, dass er noch nie eins gemacht hatte. Wenn man zu der Zeit seiner Flamme ein Tape aufnahm… ich meine, oh Mann. Ehrlich gesagt würde ich gerne mal wieder jemandem eine Kassette aufnehmen, wenn ich das überhaupt noch kann.

Nur an einer Stelle hat der Film recht: wenn dieser Sportlehrer den beiden sagt, dass sie die Zukunft wären. Also theoretisch, denn Daniel und Nadine sind ja nicht in die Politik gegangen. Gut, Daniel war sogar mal im Bundestag, ha ha, aber nee, im Ernst: Wie können wir die Zukunft sein, wenn wir sie nicht auch politisch gestalten? Liebe allein ist nicht genug.

© Jens Prausnitz 2022

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