Ihr Anblick traf mich unvorbereitet, sie ist noch schöner als in meinem Kopf. Ein Schluckauf ließ mich den Rauch ruckartig einatmen, dass ich husten musste.
„Du wolltest doch mit dem Rauchen aufhören“, stellte sie unnötigerweise fest.
„Ja Mama, schon gut“, neckte ich, und wischte mir die Tränen aus den Augen, in die sich vielleicht noch andere gemischt hatten.
„Du wolltest den beiden doch ein gutes Beispiel geben.“
„Ich bin ja weit genug weg.“
„Wir können dich sehen.“
Wie kann es sein, dass ich immer wieder vergesse, wie viel schöner sie mit den Jahren geworden ist? In meiner Erinnerung sehe ich immer noch ihr junges Selbst vor mir. Nicht einmal die Webcam kann ihrer Schönheit etwas anhaben, und das macht gerade alles nur noch schlimmer. Ein Schmerz in der Brust, dass ich mir unter dem Tisch kräftig ins Bein kneifen musste, um nicht zu platzen.
„Ich diene als abschreckendes Beispiel, schon vergessen?“
„Bist du denn ein Ei?“, wollte Nadine wissen.
„Sehe ich etwa gepellt aus?“
Sie nickte. „Oder als hättest du einen Geist gesehen.“ Sie lächelte dabei, zärtlich, bezaubernd, dann war sie weg, und die Blicke ihrer Kinder folgten ihr neben dem Bildschirm, und ich hörte ihre Stimme von weiter weg noch etwas sagen: „Lasst euren Patenonkel noch ein bisschen schlafen, ja?“
Wir redeten noch ein bisschen, lachten und mir ging Nadine’s Anblick nicht aus dem Herzen. Als hätte sie mich bei etwas ertappt, oder ich … ich weiß es nicht.
Nach dem Videotelefonat war ich zu wach, um mich hinzulegen, also ging ich einkaufen. Kaum auf der Straße, fiel mir Mario Puzo ein. Verdammt. Das ist so typisch. Ich glaube Nadine wollte mir sogar den Tipp geben, und ich hab’s nicht gerafft. Wie immer krieg ich die Hälfte nicht mit, und die besten Antworten fallen mir erst hinterher ein. Davon kann ich ein Lied singen.
Lanza! Mario Lanza, ach ich bin heut zu nichts zu gebrauchen.
Eine Stunde später rief mich Daniel an. Ich war gerade auf dem Rückweg vom Einkaufen, stellte die Taschen an eine Hauswand und zündete mir eine Zigarette an. Er war sauer auf mich.
„Wieso hast du ihnen von Nadine erzählt?“
„Hab ich nicht.“
„Du hast mehrmals Nadine zu ihr gesagt.“