12. Dezember 2019 – Spätschicht (getauscht)

Frauke schwieg zum zweiten Mal an diesem Abend, und ich konnte unsere Schritte auf dem Asphalt angenehm knirschen hören. „Von nun an geht’s bergab“, sang ich leicht beschwingt. „Wo?“, fragte Frauke irritiert.
„Na Hildegard?“
„Karin.“
„Nein…“
„Doch!“ Und hier muss sie mich losgelassen haben, denn es semmelte mich schmerzhaft in den feuchten Kies und Laubmatsch.
„Knef mich mal.“
„Du kennst nicht mal meinen Namen!“
„Und du nicht Hildegard Knef. Ich finde, damit sind wir quitt.“ „Dann geh doch mit der aus!“
Das wäre ich nicht nur zu dem Zeitpunkt gerne.
„Ich hab doch gewusst, dass das ein Reinfall wird!“, schniefte sie. „Ich steh ja schon auf,“ keuchte ich und rappelte mich auf fast alle Viere, rutschte mit der letzten Hand weg und stützte mich reflexartig an ihr ab um nicht wieder im Dreck zu landen. Dabei muss ich wohl Laub mit etwas Hundekacke an ihren Oberschenkel gedrückt haben.
„Ist das etwa…“
„Tut mir l…“
„Iiiiiiiiiiiiiiiiiiieh!“, brüllte sie, und in weniger als drei Minuten griff eine Polizeistreife nicht vermittelnd, sondern mir meinen Arm voller Kommissar Rex auf den Rücken drehend ein. Frauke war demonstrativ mehr mit ihrer Hose beschäftigt als um Aufklärung bemüht, und so wurde ich schon mal abgeführt.
Im Streifenwagen stellte sich dann leider heraus, dass auch die Beamten nichts mit Hildegard Knef anfangen konnten. Ich schlug eine Googlesuche, oder noch besser eine auf YouTube vor, stattdessen stellten sie lieber meine Personalien fest. Auf dem Revier. Währenddessen habe ich dann dort angeblich was von Zement und einem Jagdgewehr erzählt, und nur weil im letzten Moment ein älterer Kollege eingriff, wurde ich wieder auf freien Fuss gesetzt. Auf der Straße war ich dann auch wieder nüchtern, und vom Aufschreiben bin ich endlich müde geworden. Mal sehen, ob in der verbliebenen Nachtstunde noch ein SEK meine Wohnung stürmt, um sie auf Waffen zu durchsuchen. Vielleicht finden die dann ja meine „Birdy“ DVD.

Gut, dass ich mit Iris getauscht hab, weil nach dem Dienst hätte ich das nicht mehr so rekonstruiert bekommen. Oder ich würde es mir selbst nicht glauben. Ohne das Gedächtnisprotokoll kann ich meiner Mutter nicht unter die Augen treten. Das wird bestimmt noch ein Nachspiel haben, auf das mich kein Training der Welt vorbereiten kann.

© Jens Prausnitz 2022

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