24.02.20

Rosenmontagszug in Aachen. Nicht nur, aber die haben doch überall ein Rad ab. Fühlt sich an wie auf der Titanic. Süßigkeiten verteilen, knutschen, Viren mit nach Hause nehmen. Wir wissen noch nicht mal richtig, was das Virus macht, oder wie man sich davor schützt, wenn das überhaupt geht. Sogar in Venedig sind sie so vernünftig ihren Karneval vorzeitig abzubrechen.
Ich kann das alles nicht mehr.
Immerhin wäre die AfD beinahe wieder aus der Hamburger Bürgerschaft geflogen. Und Blankenese schickt noch eine einsame Liberale ins Rathaus, das muss der norddeutsche Beitrag zum Karneval sein, ein Narrengruß.
Auf zur Arbeit.
Die Spätschicht wird nicht spät genug sein, um sich nicht auf dem Weg dorthin durch fröhlich Besoffene kämpfen zu müssen. Auf dem Rückweg vermutlich immer noch.

So war es dann auch. In der Klinik war es ziemlich still. Die Ruhe vor dem Sturm? Ha, ha. Wahrscheinlich lag es auch an meinem Ausbruch, man sieht manchen das schlechte Gewissen an, oder das Unverständnis über meine Position, die ihnen den Scheiß-Karneval verdirbt. Wie soll man da versuchen sich geistig auf etwas vorzubereiten, was wir noch gar nicht recht begreifen können? Unsere Ärzte wirken alle übernächtigt, sie lesen was sie können, telefonieren, mailen, chatten mit Kollegen im In- und Ausland.
Es war gar nicht so viel los, aber ich bin trotzdem komplett erschöpft und mit den Nerven fertig. Mir zittern die Hände. Oh, Telefon! Jetzt noch?

Lukas! Danke, danke, danke, lieber Gott, Universum, wer auch immer dafür gesorgt hat. Er meinte zwar, dass Sandra jetzt sicher einen Tag nicht mit ihm reden würde, aber spätestens dann würde ihr bestimmt was einfallen, um das sie sich noch vor der Geburt des Kindes kümmern müssten. Wahrscheinlich die ganze Wohnung neu streichen.
„I sog’s dir ehrlich, i ko nimma. Du erkennst de Wohnung nimma wieder, so schee und vor allem sicher is jetzt. Kracksln Babys auf Schränke?“
„Nicht dass ich wüsste.“
„Des war bei uns a sicher. Mia ham überall Fallschirme und Eckenschoner, d’Schubladn san so kindersicher, dass is nimma aufbring.“ Lukas lachte. „Aber sog amoi, wia sicher ist denn des Kinder kriagn jetzt wegn Corona?“
Oha, damit erwischte er mich auf dem falschen Fuß. „Du, da wissen wir noch so gut wie gar nichts.“ Sollte ich ihm auf die Nase binden, dass gerade vorgestern in Italien die ersten Corona-Toten in Europa zu beklagen waren, man in der Lombardei Schulen geschlossen hatte und ganze Gemeinden abgeriegelt wurden? Wahrscheinlich eher nicht.
„Weil Babys zum Händewaschen bringan, wia soi des gehn?“

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