Scheiße, jetzt habe ich meinen Zug verpasst! Vor lauter Tage nicht zählen und dann tatsächlich nicht mehr auf’s Telefon gucken habe ich mich vertan. Ich hätte schwören können, es war erst Donnerstag. Nicht morgen ist meine Abreise, sondern die war heute, am Freitag. Ist! Ist heute. Jetzt.
Zeit vergeht im Urlaub echt anders. Erst zu schnell, dann langsamer, ja beinahe rückwärts, und dann ist es vorbei, wenn plötzlich das Zimmermädchen vor dem Bett steht und man mindestens ebenso erschrickt, wie sie. Ob der Zug auf mich wartet? Rhetorische Frage, denn das schreibe ich gerade am Bahnhof, wo ich auf meinem Koffer sitzend auf den nächsten warte. Nur so viel ist sicher: mit dem schaffe ich es heute nicht mehr nach Hause. Werde wohl oder übel in Berlin übernachten müssen.
Hab bei Daniel angerufen, sie sind heute über’s Wochenende weg gefahren, aber die Kinder wären ja da und würden sich sicher freuen. Das hoffe ich jetzt auch… schreibe ihnen einen SMS, weil sie eh nicht rangehen, wenn man sie anruft. Schade, ich hätte sie so gerne mal wieder alle zusammen gesehen.
Das Hotel habe ich zwar etwas überstürzt verlassen, aber da es dann eh schon egal war, habe ich eine Tafel Schokolade bei der Couch, und eine Schachtel Zigaretten auf der Veranda versteckt. Als Opfergabe, und um irgendwie Danke gesagt zu haben? Ein bisschen wie bei den Indianern oder so. Und wenn ich damit stattdessen nur den nächsten Gast oder die Angestellten vom Hotel beglücke, dann ist mir das auch recht. Dann war ich halt ein guter Geist für die nachfolgenden Besucher. Ostereier finden ist ja eh viel schöner, wenn sie gar nichts mehr mit Ostern zu tun haben. Also wenn sie aus Schokolade sind. Und im übertragenen Sinne.
Versuche mich gleich im Zug höchstens an Textfragmenten. Hab mir dafür am Bahnhof aber ein Notizbuch gekauft (und Küsten-Sanddorn für die Kolleginnen auf Station). Hatten nur welche aus der Lady- Reihe, was willst du machen? Entweder „Oriental“, was mir zu sehr nach Teppich aussah, oder „Butterfly“. Mist. Jetzt fehlen mir nur noch kleine Herzchenaufkleber dazu, oder was? Aber den Schmetterlingen könnte ich ja allen Totenköpfe auf die Rücken malen, so wie in ‘Das Schweigen der Lämmer’ dann ging’s. Aber besser nicht während der Zugfahrt.