Doris studierte währenddessen das Gesicht von Dennis, die Finger ihrer Hand hielt sie irgendwo zwischen abwehren und berühren wollen in der Luft vor ihm. Sie drehte sich zu Nadine und sagte ruhig: „Er hat unsere Augen.“ Dann wandte sie sich an Dennis. „Hallo, ich bin Doris … und du?“
„Dennis. Und du bist …“ Er sah hilfesuchend zu seiner Mutter, die noch immer auf dem gleichen Fleck stand, wo sie Daniel stützte, und wieder zurück zu Doris.
„Bist du eine … Tante?“, fragte er verunsichert.
Das brachte Doris zum Lachen. „Nein, wie kommst du denn darauf? Ich bin deine Oma.“
Dennis stand ruckartig auf. „Was ist denn hier eigentlich los?“
„Frag deinen Onkel“, sagte Daniel. „Komm, wir gehen.“ Aber Nadja bewegte sich nicht von der Stelle.
„Du wirst bald Uroma“, sagte sie wie zu sich selbst.
Doris sah zu Dennis.
„Was? Nein, ich doch nicht! Meine Schwes… wir sind Zwillinge.“ Jetzt legte sich Doris rücklings flach und ein unkontrollierbares
Lachen brach sich Bahn.
Ich kam langsam näher und ging neben Doris in die Knie. Allmählich beruhigte sie sich wieder. „Verrate mir eins: wie bist du
auf den Schulserver gekommen? Diese automatisierte E-Mail mit dem Gutschein dessen Gültigkeit gleich wieder ablief sah so echt aus! Warst das du?“
„J…ja?“, sagte ich vorsichtig. „Im Prinzip schon. Wenn du mich nicht verklagen willst.“
„Warum gerade jetzt?“, fragte sie.
Ich ließ die Schultern hängen. „Corona, glaube ich? Wir waren alle zu viel allein …“
„Seit wann weißt du wo ich bin?“, wollte Doris wissen.
„Oh, erst seit ein paar …“
„Zweitausendvier“, sagte Nadine laut, und wir sahen sie alle an.
„Nein!“, sagte Anita.
„Doch. Sie wusste es die ganze Zeit. All die Jahre“, antwortete ich.
„Ist das nicht irre? Wie konnte ich überhaupt auf den Gedanken kommen, dass ich als erster auf die Idee komme sie ausfindig zu machen?“
„Na ja, die Idee alleine … nun ja. Da gehört schon mehr dazu.“ „Schon gut, vielen Dank.“
„Erzähl weiter.“
„Das ist nicht so einfach, weil es ab da erst so richtig chaotisch wurde. Ich habe nicht mehr alles von dem mitgekriegt, was passiert ist. Den ganzen Nachmittag und Abend bildeten sich immer neue Kleingruppen, und so gerne ich mich aufteilen wollte, ich saß ja nur in meiner …“