17.07.20

„Dein Vater hat mich damals auch gleich geheiratet, kaum dass wir zweimal miteinander aus gewesen wären. Und das hat er wohl nachträglich bereut“, sagte sie kühl. „Er wollte dich davor bewahren den gleichen Fehler zu wiederholen, den er damals begangen hat. Mit mir. Da ging mir das Licht auf, dass er mich nicht mehr liebte.“
„Dafür musste ich erst von zu Hause weglaufen?“
Sie nickte. „Es tut mir so leid mein Junge. Kannst … kannst du …“, stotterte sie.
Daniel ergriff ihre Hände. „Natürlich kann ich dir verzeihen. Habe ich schon vor langer Zeit.“
„Nicht so fest“, sagte sie, als plötzlich jemand schrie. Daniel rannte als erster, weil er die Stimme im Gegensatz zu mir sofort erkannte. Es war Nadja.
Ich folgte ihm und ließ meine Mutter mit den Münchnern alleine.
Als ich um die Ecke kam, verlangsamten sich meine Schritte und ich blieb stehen. Nadja war Doris über den Weg gelaufen, als die gerade von dem gleichen Wanderweg zurückkam, wie sie am Vortag. Jetzt standen sie steifgefroren auf dem Parkplatz voreinander wie zwei Duellanten.
Daniel nahm Nadja in den Arm und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Dann sah er zu Doris und sie wechselten ein paar Worte, aber zu leise, dass ich es hätte verstehen können. Jetzt kam auch Dennis angelaufen, und als der bei Nadja eintraf, war es Doris, die einen erstickten Schrei ausstieß und nach Halt suchte. Ich war noch zu weit weg um helfen zu können, aber Dennis sprang zu ihr und fing sie auf, bevor sie den Boden erreichte.
Dann erst bemerkte ich, wie der giftige Blick von Daniel mein Gesicht röstete. Er wusste es. Das war jetzt mindestens ein Zufall zu viel. Wie hatte ich so dumm sein können, dass das für mich ohne Konsequenzen bleiben würde? Nur weil es mit meiner Mutter gestern so harmonisch gewesen war?

„Ist das blaue Auge etwa …“, fragte Schwester Anita und ich nickte. „Kannst du ihm verzeihen?“
„Das ist überhaupt nicht die Frage“, sagte ich.
„Sondern?“
„Ob er mir verzeihen kann, dass meinetwegen für einen klitzekleinen Moment sein Vater in ihm durchbrach.“

Daniel hatte mir so ansatzlos wie sein Vater eine mit der flachen Hand geklebt, dass mir die Wange brannte. Dann sah er mir wortlos in die Augen und machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück zu Nadja. Ich nahm die Watschn an, wie Daniel es sein halbes Leben lang getan hatte.
Die Wirtin sah aus ihrem Büro und rief: „Gehört das auch zu dem Musikvideo?“
„Oh ja, natürlich!“, rief Daniel, sah zu mir und ich nickte mit einem schmerzenden Lächeln. Ich hatte mir auf die Zunge gebissen und den Geschmack von Blut im Mund.

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