28. Dezember 2019 – frei

Bevor ich mir die ersten Brocken von der Seele reden konnte, fragte ich sie, wie viel sie schon über unseren besten Freund Daniel wusste. Das mit den Ringen musste ja schon Thema gewesen sein. Und es war einfach alles dabei, bis zu unserem Treffen in Aachen vor der Jahrtausendwende. Seitdem hätten wir uns aus den Augen verloren, und er säße halt mit dieser Nadja in Berlin.
„Du hättest dich früher übrigens auch öfter gemeldet“, schloss sie mit gut hörbaren, sarkastischem Unterton.
„Als ich damals weggezogen bin, hat mich ewig ein schlechtes Gewissen geplagt“, begann ich zögerlich. „Das weiß er auch. Aber was er nicht weiß ist, dass ich mir geschworen hab das nie wieder zu tun.“
„Was genau?“
„Nur an mich zu denken.“
„Du, so weit ich das beurteilen kann, hat er das schon lange verwunden“, winkte Sandra ab.
Ich sah zu Boden und nickte, dann suchte ich ihren Blick. „Und was, wenn es wieder passiert ist?“
Ihr Lächeln verschwand und sie studierte mein Gesicht. „Dann solltest du es ihm sagen.“ Und nach einer Pause fügte sie hinzu: „Oder ihr ihm, je nachdem.“ Oh, sie war gut. Gefährlich gut.
Nachdem auch Lukas aufgestanden war und sein Omelett verdrückt hatte, gingen wir zum Proberaum. Gefühlt in die falsche Richtung, weil ich damit gerechnet hätte zum katholischen Pfarrzentrum zu müssen.
„Na, da spuj i scho lang nimma. Schaug amoi do.“
„Ach schau an, hier ist jetzt die Polizeiwache!“ Dann blieb ich abrupt stehen. „Du hast doch nicht etwa deinen Proberaum bei der – -“
„Na, spinnst du? Obwohl i kunt da frogn, ob’s schalldichte Räume im Keller haben. Zur Nebennutzung. Wann da oana bei der Prob’ schreit, dann gesteht eana bestimmt jeder zwoate. Und mia wohnan eh glei dahinter.“
Ich sah schon die Euro-Zeichen für einen neuen Nebenjob in seinen Augen. Es gab nichts, dass er nicht auch in eine Einnahmequelle verwandeln konnte. Außer das mit den Gaskartuschen.
„Ach du heilige Scheiße, was ist denn das für eine Baustelle?“
„Des wird a Verbindung zur B8, bei Zeitlarn auffe, hier durch an Galgenberg durche, und dann an der Woifach auf Stelzn nunter zur Donau.“
„Durch den Galgenberg? Du machst Scherze!“
Lukas schüttelte heftig den Kopf.
„Ich weiß ja nicht. Moment, hast du eben gesagt auf Stelzen?“
„Ja, wegam dunklen Wiesenknopfameisenbläuling“, grinste Lukas. „Du ziehst mich auf.“
Er schüttelte den Kopf noch doller. „Des hob i extra auswendig glernt: Wiesen-knopf-ameisen-bläuling, eigentlich ganz einfach. Und wega derer Fledermäuse a. Wega dera Viecher gibt’s da herunt a koan Waldlauf mehr. Is ois gsperrt.“
„Hätten die die Fledermäuse nicht früher schützen können wollen… können? Oder zur Abwechslung mal uns Kinder? Was habe ich es gehasst, wenn die uns da raufgehetzt haben!“
„Was glaubst denn du, warum der Galgenberg hoast? Und wann ma stehn bliebm is, hom oan ’d Mücken aufgfressn.“
„Gedenken wir eine Minute den Gefallenen“, schlug ich vor und teilte mir mit Lukas eine Zigarette.
„Verzöi des fei ned der Sandra.“
Ich schwor: „Bei Galgenberg und Mückenpest.“

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