17. Dezember 2019 – frei

Nichts in dieser Stadt lud wirklich zum Verweilen ein. Nicht einmal das Volksfest am Ende der Sommerferien war für jemanden über 14 noch interessant, wenn man sich nicht die Wampe mit Bier und Grillhendln zunächst füllen, und dann in den Fahr- und Schleudergeschäften wieder entleeren wollte. Wenn Volksfest war, dann war eben auch die Schule nicht mehr weit, und das konnte einem schon die Stimmung vermiesen.
Den Rest des Jahres war natürlich auf dem Stadtplatz am meisten los. Auf ihn gelangte man durch das Stadttor, das gleich an der nächsten Kreuzung lag. Hier traf die Kapuzinerstraße aus der Oststadt mit der Verlängerung der Donaubrücke zusammen. Ließ man das Stadttor links liegen, führte einen die Straße über den Schweiklberg schon wieder aus der Stadt hinaus und die Benediktiner zurück in ihr dort nach ihnen bimmelndes Kloster. Moment mal, wieso heißt die dann überhaupt Kapuzinerstraße? Wie dem auch sei, vorher orientierten sich die Mönche vielleicht fälschlicherweise am Glockenspiel im Stadtturm, oder an jenem der Stadtpfarrkirche, die in Luftlinie gleich am anderen Ende des schnurgerade verlaufenden Stadtplatzes lag.
Diese drei bimmelten gerne miteinander um die Wette, dabei aber immer leicht zeitversetzt, was es aber auch nicht gerade erleichterte, sie auseinander zu halten. Vor allem waren sich darüber nicht einmal die Bewohner selbst einig, was aber auch an den Stadtteilen lag, in denen sie wohnten, und welches Geläut ihnen von da aus am nächsten wahr. Das bringt eben nicht nur Mönche durcheinander, sondern auch Einwohner um den Verstand. Denn auch die Viertelstunden werden durch Glockenschlag angekündigt. Das Geläut richtig zuzuordnen ist mir nie gelungen, ich könnte ja mal Lukas danach fragen. Aber er hat wahrscheinlich noch vor uns gelernt weg zu hören, weil er ja am nächsten dran wohnte. Manchmal bimmeln auch alle drei grundlos durcheinander, weil was weiß denn ich wem warum gerade dann danach war. Rabimmel, Rabammel, Rabumm.

Das ist aber bei weitem noch nicht alles, was so durch das Stadttor lärmt. Einmal ist da das Kopfsteinpflaster, das alle Autos in Rappelkisten verwandelt, selbst wenn gerade keine Beats durch deren herunter gekurbelten Seitenfenster hip-hoppeln oder Reime gerappt werden. Wobei die höhenarme Beschallung mehr den Gästen der Eisdielenpizzeria Cappuccini gilt, dem vielleicht beliebtesten Treffpunkt in der ganzen Stadt – mit der Folge, dass dort die Auto gewordenen Klingeltöne im Kreis fahren. Praktischerweise ist gleich am anderen Ende des Stadtplatzes die konkurrierende Eisdielenpizzeria Roma, deren Gäste ebenfalls von vibrierenden Reifen vorgewarnt werden, ehe auch sie in den Genuss der verdauungsfördernden Tiefbassbeschallung kommen.
Auf dem Weg dazwischen beschleunigten die meist jungen Fahrzeuglenker ihre Gefährte gerne auf die ihnen an zur Verfügung stehenden Höchstgeschwindigkeit, nur um dann auf halber Höhe vom sich plötzlich von links auf die Fahrbahn werfenden Ritter Tuschl Brunnen überrascht zu werden.
„Herr Wachtmeister, ich schwör, der war früher noch nicht da gestanden.“
Das stimmte zwar im Prinzip, aber damals waren da nur Pferdestärken unterwegs gewesen, oder die Unfallfahrer hatten selbst noch keinen Führerschein gehabt. Jedenfalls sah sich das Rathaus dazu gezwungen, den offenbar magnetischen Brunnen vorsorglich mit Betonpollern zu umzingeln. Übrigens von beiden Seiten, obwohl es sich um eine Einbahnstrasse handelt. Ob das der Symmetrie oder dem Rückwärtsgang eines besonders kreativen Unfallfahrers geschuldet war – „Wos war denn des? I setz no amoi zruck und schau nach.“ – weiß ich nicht.

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